Im Mai wurde zum neunten Mal ein japanischer Architekt mit dem renommierten Pritzker-Architekturpreis ausgezeichnet. Siehe auch den Artikel in dieser Archicomm auf Seite 10. Dieser Preis, der auch als Nobelpreis für Architektur bekannt ist, wird seit 1979 jährlich an lebende Architekten verliehen, die weltweit einen bedeutenden Beitrag zur Architektur geleistet haben. Im Gegensatz zu Japan haben die Niederlande bisher nur einen Gewinner hervorgebracht: Rem Koolhaas im Jahr 2000. Der 9:1-Vorsprung Japans wirft daher die Frage auf: Was können niederländische Architekten von ihren japanischen Kollegen lernen? Gewinnen wir Niederländer nicht auch gerne Preise?
Die japanische Architektur zeichnet sich durch eine tiefe Verbundenheit mit der Natur und eine starke Betonung von Minimalismus und Funktionalität aus. In der Tat legt die japanische Kultur großen Wert auf Einfachheit und Harmonie, was sich auch in der Architektur widerspiegelt. Jeder, der schon einmal in Japan war, sieht diese Aspekte fast überall. Dieser Ansatz ist in traditionellen Philosophien wie dem Zen-Buddhismus verwurzelt, der Ruhe, Ausgeglichenheit und Nüchternheit betont. Japanische Architekten wie Tadao Ando und Shigeru Ban haben diese Prinzipien in ihrer Arbeit umgesetzt und verwenden häufig natürliche Materialien und Licht, um ruhige und funktionale Räume zu schaffen.
Ein weiteres Merkmal der japanischen Architektur ist die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der Räume. Traditionelle japanische Häuser sind oft modular aufgebaut und verfügen über Schiebetüren (fusumas), die Räume je nach den Bedürfnissen der Bewohner trennen oder verbinden können. Dieses Konzept der anpassungsfähigen Räume wird auch in modernen Gebäuden angewandt, wodurch ein hohes Maß an Funktionalität und Effizienz erreicht wird.
Die niederländische Architektur hingegen zeichnet sich durch Innovation, Pragmatismus und eine starke Betonung der Nachhaltigkeit aus. Niederländische Architekten haben sich daher in den letzten Jahrzehnten einen Ruf für ihre kühnen und fortschrittlichen Entwürfe erworben, die sich häufig auf die Umnutzung alter Gebäude und die Schaffung nachhaltiger Städte konzentrieren. Die Arbeit von Architekten wie Rem Koolhaas beispielsweise zeugt von diesem kreativen und innovativen Ansatz.
Niederländische Architekten sind - so die internationale Einschätzung - Meister im Umgang mit Herausforderungen wie begrenztem Raum und hoher Bevölkerungsdichte. Im Vergleich zur japanischen Sichtweise ist dieser Ansatz also viel stärker auf pragmatisches Lösungsdenken ausgerichtet. Wir selbst würden dies als "gesunden Menschenverstand" bezeichnen.
Dennoch können wir (für uns) viel vom japanischen Ansatz in der Architektur lernen. Die Betonung der Einfachheit, der natürlichen Materialien und der Integration der Natur kann niederländische Architekten dazu inspirieren, neue Wege zu finden, um Frieden und Harmonie in die städtische Umgebung zu bringen. Das ist beim gegenwärtigen Zeitgeist sicherlich kein Luxus! Ein bisschen mehr Entstressung könnten wir in unserer Gesellschaft wirklich gebrauchen! Man sieht es zum Beispiel schon in den Häusern, wo das personalisierte Design Einzug gehalten hat und sogar das Badezimmer als Ort der Achtsamkeit angesehen wird.
Die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit des japanischen Designs - vor allem für Innenräume -
kann auch wertvolle Erkenntnisse für die Schaffung multifunktionaler und raumeffizienter Gebäude in den Niederlanden liefern. Dieser Trend ist in den letzten Jahren ohnehin sichtbar geworden. Einmal mehr sei hier Rem Koolhaas mit seinem "De Rotterdam" erwähnt.
Dennoch muss anerkannt werden, dass die kulturellen Unterschiede zwischen den Niederlanden und Japan dazu führen, dass nicht alle Aspekte und Konzepte der japanischen Architektur einfach übernommen werden können. Schließlich hat die niederländische Gesellschaft ihre eigenen Bedürfnisse und Herausforderungen. Die Frage ist nur, wie wir - mit unserem bewährten Pragmatismus - bei den Jurymitgliedern des jährlichen Pritzker-Architekturpreises ein bisschen mehr ins Bild kommen. Schließlich ist es höchste Zeit für einen Nachfolger des einzigen niederländischen Gewinners, den wir bisher hatten! Sollten wir alle anfangen, etwas 'Japanischeres' zu entwerfen?
(Quellen: 1. [Preisträger des Pritzker-Architekturpreises] (https://www.pritzkerprize.com/laureates) 2. Bognar, B. (1990). *Zeitgenössische japanische Architektur: ihre Entwicklung und Herausforderung*. Von Nostrand Reinhold. 3. Koh, J. (2021). *Der Einfluss des Zen auf die japanische Architektur*. Architectural Digest).